Projektreise 2023 nach Tansania
Heute startet meine Projektreise nach Iringa in Tansania auf die ich mich gemeinsam mit den anderen Gruppenteilnehmer intensiv vorbereitet habe. Dafür haben wir uns mit Entwicklungszusammenarbeit, den Gegebenheiten in Tansania und natürlich mit sauberem Trinkwasser und Sanitärversorgung als Grundlage für ein Leben in Gesundheit und Würde auseinandergesetzt. Nachdem ich das Vortreffen leider verpasst habe, freue ich mich, hier die ersten Unterstützer*innen, Botschafter*innen und das Stiftungsteam der well:fair (Neven Subotic Stiftung) zu treffen. In Amsterdam komplettiert sich die Gruppe für unsere Projektreise. Vor uns liegt eine kanpp 14-stündige Flugreise, die wir alle nutzen, um erste persönliche Kontakte zu knüpfen und die Vorfreude auf die Reise bestätigt sich absolut. Es ist sehr schön, genau diese Reise in einer Gruppe von sehr unterschiedlichen Menschen mit derselben Haltung anzutreten. Uns verbindet alle die Leidenschaft für die WASH Arbeit der Stiftung, denn der Zugang zu sauberem Wasser ist ein Menschenrecht! So steht es auf unseren T-Shirts: Maji ni uhai - Wasser ist Leben!
Am ersten Tag unserer Projektreise sind wir vormittags in der deutschen Botschaft und nachmittags bei der well:fair (Neven Subotic Stiftung) Partnerorganisation PDF People Development Forum zu Gast und erhalten viele spannende Einblicke in die aktuelle und zukünftige WASH Arbeit in Tansania. Wenn in einem Land, in dem 64 Mio. Menschen leben, nur zwischen 30% und 50% gesicherten Zugang zu sauberem Wasser haben, dann braucht es nicht mehr, um zu verstehen, dass die Verwirklichung des Menschenrechts auf sauberes Wasser DIE entscheidende Veränderung bedeutet. Wer Perspektive braucht: 30-40 Millionen Menschen (die Hälfte der deutschen Bevölkerung - also jeder 2. deiner Freunde) haben keinen Zugang zu dem, was wir täglich auch für die Toilettenspülung nutzen. Im Gespräch mit der Botschafterin wird mir sehr deutlich, dass die staatliche Entwicklungszusammenarbeit sicherlich wesentliche Rahmenbedingungen schafft und gleichzeitig NGOs und vor allem lokale Partnerorganisationen, in ihrer Agilität und der gelebten Beteiligung auf Augenhöhe, der unverzichtbare Erfolgsbaustein zur wirklich wirksamen Entwicklung in den Gemeinden bilden. Jetzt bin ich gespannt darauf diese wertvolle, wertschätzende und wertstiftende Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden, der PDF und der well:fair (Neven Subotic Stiftung) vor Ort in Iringa zu erleben.
Heute ist Abreise aus Dar es Salaam - es geht weiter mit unserer Reise nach Iringa in Zentraltansania. Über Morogaro und Mikumi geht es über Land und über Berge zu unserem Zielort, wo die Projekte, die wir uns auf dieser Reise anschauen, umgesetzt werden. Unsere Gruppe ist auf drei Autos verteilt und wir werden für die 550 Kilometer, aufgrund einiger Unfälle und Umleitungen, am Ende 14 Stunden benötigen.
Danke an unsere Fahrer die uns auch in der Dunkelheit sehr sicher nach Iringa bringen! Aus dem Auto heraus können wir sehen, wie schön und abwechslungsreich Tansania ist. Und auch, wie groß der Unterschied zischen dem modernen Leben in der Stadt und den Lebensumständen in den ländlichen Regionen ist. Es ist eine völlig andere Welt, sobald die Urbane Infrastruktur endet.
Igomtwa liegt sehr ländlich, abgeschieden und fernab einer befestigten Straße. Hierhin kommen normalerweise keine Autos. Heute gibt es eine seltene Ausnahme: Auf Einladung der Gemeinde haben wir uns auf den Weg gemacht, um die Menschen und das Leben an diesem Ort kennenzulernen. Wir sind also angekündigt und werden erwartet, der Empfang ist überwältigend. 200 Menschen empfangen uns mit Musik, Tanz und Gesang und die Herzlichkeit, Freude und Energie reißen mich sofort mit. Die Kinder singen „Karibu“ (Willkommen) und „Water“ ich folge - so gut ich kann - dem Rhythmus.
Die 2295 Einwohner*innen Igomtwas verfügen über keine Wasser- und Sanitärversorgung. Die notwendige Menge an Trink- und Brauchwasser wird an einer Wasserstelle entnommen, die etwa 30 Minuten steilen Fußweg von den Häusern entfernt ist – pro Strecke. Hier wird auch die Wäsche gewaschen und Kühe sowie wilde Tiere kommen hierher, um zu trinken. Es ist klar, dass sie dort auch ihre Exkremente hinterlassen. Die Gemeindemitglieder wissen, dass das Wasser sie krank macht. Obwohl ihre Körper an die tägliche Belastung gewöhnt sind, kommt es immer wieder zu schweren und lebensgefährlichen Durchfällen, insbesondere bei Kindern. Aber es gibt keine Alternative. Und da Leben ohne Wasser nicht funktioniert, MUSS dieses Wasser genommen werden.
Wir erfahren, wie die gesamte Gemeinde von Beginn an in das WASH Projekt aktiv einbezogen wird und, dass dieser Ansatz der well:fair (Neven Subotic Stiftung) tatsächlich den Unterschied zu anderen Brunnenbauprojekten macht. Die Teilhabe sichert Verbindlichkeit und die nachhaltige Nutzung, denn der Zugang zu sauberem Wasser wird das Leben der gesamten Gemeinde verändern. Wie genau die Veränderung beginnt, erleben wir, als wir die Frauen der Gemeinde beim Wasserholen begleiten. 40 Minuten bergab und dann mit 20 Litern Wasser wieder 40 Minuten bergauf. Ich bin völlig außer Atem und das wird von Frauen und Kindern hier 2mal täglich gemacht. Allein diese Zeit selbstbestimmt nutzen zu können, wird die Gemeinde verändern. Zum Glück beginnen gleich nach dem Ende der Regenzeit die konkreten Bohrarbeiten für den Zugang zu sauberem Wasser für die Menschen in Igomtwa. Gleichzeitig gibt es noch so viele Gemeinden, die auf diese Veränderung warten und bis dahin Wasser nutzen müssen, das schwer verunreinigt ist. Auch wenn ich gerade dort war, ist es immer noch unvorstellbar!
Die 1329 Menschen, die in und um Ibatu leben, haben sich seit vielen Wochen auf diesen speziellen Tag gefreut: Nach vielen Wochen der gemeinsamen Planung und Vorbereitung wurde die Bohrung des zukünftigen Brunnens durchgeführt. Es ist der Tag, an dem das Wasser zum ersten Mal an die Oberfläche gelangt und ab nun verfügbar ist – sauber, ohne Aufwand und nahezu unbegrenzt. Heute habe ich also die große Ehre und das absolute Vergnügen, beim Flashing dabei zu sein. Das ist der Moment, in dem das Grundwasser erstmals aus 130 Metern Tiefe durch das Bohrloch nach oben schießt. Dieses Hauptbohrloch wird 10.000 Liter Wasser in der Stunde bereitstellen.
Wenn wir den UN-Standard von 20 Litern Wasser pro Person pro Tag anlegen, dann können sich hier 500 Menschen pro Stunde mit sauberem Wasser versorgen. Zusammen mit den beteiligten Gemeinden werden jetzt Rohrleitungssysteme zu 4 weiteren Entnahmepunkten gebaut. Damit werden schließlich 1400 Menschen in Ibatu sowie die Einwohner der Nachbargemeinde den Zugang zu sauberem Wasser erlangen. Unter „Karibu“ (Willkommen) und „Maji ni uhai“ (Wasser ist Leben) tanzen wir alle zusammen und genießen den wunderschönen Empfang. Die Begrüßungsreden machen uns allen klar, was der Zugang zu sauberem Wasser für die Menschen in der Gemeinde Ibatu bedeutet. „Wir werden Gesundheit erhalten und Dehydrierung wird verschwinden. Die Lehrer*innen freuen sich auf kontinuierliche Schulbesuche der Kinder, die nicht länger beim Wasserholen helfen müssen. Und die Sanitäranlagen stellen sicher, dass die Mädchen auch während ihrer Menstruation weiter die Schule besuchen.
Seit März wurde hier 130 Meter in die Tiefe gebohrt und als die Gemeinde und wir gerade ankommen, schießt zum ersten Mal Wasser an die Oberfläche. Eine Fontäne von 30 Metern prasselt auf uns nieder. Dann ist kein Halten mehr. Das Volksfest beginnt. Strahlende Gesichter überall und alle tanzen unter dem Regen, der das Leben aller verändern wird. Kinder, Frauen und Männer springen über das Bohrloch und ich falle meinen Mitreisenden, dem Team von PDF und einigen Gemeindemitgliedern um den Hals. Es herrscht Freude pur. Alle schreien „Maji“ (Wasser), tanzen, lachen und liegen sich in den Armen.
In den letzten Tagen haben wir gesehen, wie sich das Leben ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitärversorgung gestaltet. Unsere Reisegruppe war sich einig, dass die Konsequenzen aus diesen Lebensvoraussetzungen nicht hinnehmbar sind und dass keinem Menschen das Recht auf Wasser und Hygiene verwehrt werden darf. Was tatsächlich passiert, wenn die Brunnen und Sanitäranlagen gebaut wurden, wollen wir uns an der Nzivi Primary School ansehen.
Vor einem Monat ist hier ein komplettes WASH Projekt fertiggestellt worden. Die verfügbaren 3300 Liter pro Stunde versorgen die 800 Schüler*innen sowie die 9.500 Gemeindemitglieder in Nzivi. Die dazugehörige Sanitäranlage sichert nicht einfach nur Hygiene, sondern sie ermöglicht vor allem den älteren Mädchen einen kontinuierlichen Schulbesuch, weil sie sich dort in einer separaten Kabine während ihrer Menstruation mit Hygieneartikel versorgen und diese dort auch direkt entsorgen können. Mit Stolz zeigen uns die Schüler*innen die Funktion der Sanitäranlagen und führen ihre Hygienekonzepte vor. Wir erfahren viele Details über die Wasserver- und -entsorgung, die Hygienestandards und Sanitäranlagen. Alles ist perfekt ausgeklügelt und bildet einen nachhaltigen Kreislauf, weil zum Beispiel die Asche der verbrannten Hygieneartikel als Dünger genutzt wird. Von Beginn an, wird das Projekt durch das WASH Committee der Gemeinde begleitet. Die Gemeindemitglieder beteiligten sich aktiv an sämtlichen Bauarbeiten der Wasserversorgung, alle werden im Umgang mit sauberem Wasser und Hygiene geschult. (Die Kinder zeigen uns die fünf Schritte des Händewaschens in einem Tanz.) Die Schule hat einen WASH Club und die 100 Mitglieder kümmern sich um den Erhalt der Sanitäranlagen. Kleine Reparaturen und die gesamte Wartung der Wasserversorgung werden lokal durch die Gemeinde sichergestellt. Es ist überall spürbar, dass es ein extrem hohes Maß an Verantwortlichkeit für die Wasserversorgung und die Sanitäranlagen gibt. Genau das wird durch die konsequente Einbeziehung der ganzen Gemeinde erreicht und gesichert. Für uns von Movendo klingt das so logisch, weil wir genauso systemisch in unseren Projekten arbeiten und am Beispiel hier darf ich erleben, dass diese Haltung und Prinzipien auch in der Entwicklungszusammenarbeit den entscheidenden Unterschied machen.