Created by Susanne Stock

#favouritemodels No. 28 - WRAP - Vier Hürden guter Entscheidungen und wie du sie überwindest.

Entscheidungen werden immer unter Unsicherheit getroffen. Insbesondere in der heutigen Komplexität, durchschaut niemand vollständig, wie die Dinge miteinander zusammenhängen, und es ist kaum möglich, alle Informationen und Hintergründe zu durchdringen.

Gleichzeitig kann ich nicht sicher vorhersagen, welche Auswirkungen meine Entscheidungen auf mich und meine Umgebung haben werden. Insbesondere von Führungskräften wird erwartet, dass sie sich diesen Risiken und Unsicherheiten stellen. Das erfordert Mut und einige Ideen zum wirksamen Organisieren und Treffen von Entscheidungen.

Der folgende Prozess, das sogenannte WRAP-Modell, welches von den Stanford-Professoren Chip und Dan Heath entwickelt wurde, ist ein hilfreicher Prozess, um bessere Entscheidungen zu treffen. In ihrem Buch Decisive, das auf zahlreichen Studien zur Entscheidungsfindung basiert, teilen sie den Prozess einer Entscheidungsfindung in vier Schritte ein. Bei jedem dieser Schritte gibt es typische, oft unbemerkt wirkende, Hindernisse. Um diesen Hindernissen entgegenzuwirken, schlagen sie jeweils eine Strategie vor:

1. Schritt: Du stehst vor einer wichtigen Entscheidung und suchst nach einer direkten Lösung. Dabei läufst du Gefahr, dass du Optionen übersiehst und eventuell die erste, aber nicht beste, Idee verfolgen möchtest. Um dies zu vermeiden, solltest du deine Handlungsoptionen erweitern. Chip & Dan Heath nennen dies: Erweitere deinen Möglichkeitsraum (Widen your options)

Was heißt das konkret? Ein zu enger Blick konzentriert sich auf das Offensichtliche und führt dazu, dass potenziell wichtige Fakten nicht berücksichtigt werden. Oft fragen wir: „Soll ich dies ODER jenes tun?“ Hilfreiche Methoden, um vielfältige Optionen in den Blick zu nehmen sind zum Beispiel:

  • Mehrgleisigkeit: Denke UND, nicht ODER.
    Dies kannst du dadurch gewährleisten, dass du in deinem Team mindestens 3 Optionen erarbeiten lässt, die als Entscheidungsgrundlage dienen. Noch mehr Optionen erhältst du, wenn du in deinem Team ein Brainstorming durchführst und bewusst immer wieder nach neuen, anderen oder sogar abwegigen Ideen fragst. Durch diese Vorüberlegungen förderst du die Offenheit bezüglich neuer Ideen und es kann eventuell eine Kombination aus verschiedenen Ideen entwickelt werden.
  • Verschwundene Optionen-Test
    Frage dich und das Team: Was wäre, wenn alle bisherigen Optionen nicht umsetzbar wären und wir neue Optionen entwickeln müssen?

2. Schritt: Du analysierst deine Optionen und läufst dabei in die Falle, deine bisherigen Ideen und Annahmen zu bestätigen, anstatt zu widerlegen und somit auf „Wasserdichtigkeit“ zu prüfen. Dieser sogenannte Bestätigungsfehler führt wiederum zu einer Verengung deiner Optionen und zu einer (zu) schnellen Festlegung auf eine naheliegende Lösung. Deswegen ist es wichtig, deine Annahmen einer Realitätsprüfung zu unterziehen. Chip & Dan Heath nennen dies: Prüfe deine Annahmen (Reality-test your assumptions)

Was heißt das konkret? Unsere unbewusste Tendenz, Informationen einzuholen, die unsere ersten Annahmen bestätigen, lässt sich durch bewusste Anwendung verschiedener Methoden, umgehen. Zum Beispiel:

  • Widerlegende Fragen stellen: Frage dich, "Was ist das größte Hindernis für Option A?", " Wenn ich mit Option A scheitere, woran würde das liegen?"
  • Das Gegenteil in Betracht ziehen: Versuche, das genaue Gegenteil deiner bisherigen Option in Betracht zu ziehen. Und: "Warum könnte deine bisher präferierte Option die völlig falsche Lösung sein?"

3. Schritt: Du triffst eine Entscheidung, und lässt dich dabei (unbewusst) von kurzfristig auftauchenden Emotionen leiten. Um dies zu vermeiden, ist es wichtig vor der Entscheidung innere Distanz zu gewinnen. Chip & Dan Heath nennen dies: Gewinne Abstand bevor du entscheidest (Attain distance before deciding)

Was heißt das konkret? Wichtige Entscheidungen wühlen uns oft emotional auf. Um uns nicht nur von diesen starken Emotionen leiten zu lassen, helfen die folgenden Reflexionen :

  • 10/10/10 Versuch: Angenommen, du triffst eine Entscheidung für Option A, wie wirst du in 10 Minuten darüber denken? Wie in 10 Monaten? Und wie in 10 Jahren?
  • Perspektivwechsel: Was würdest du deinem Kollegen/besten Freund/meinem Nachfolger in dieser Situation raten? Dieser Perspektivwechsel schafft automatisch Distanz.

4. Schritt:  Eventuell bist du sehr zuversichtlich, was deine getroffene Entscheidung und die zukünftige Entwicklung angeht und du bist optimistisch, das Richtige getan zu haben. Und wenn es nicht so läuft wie gedacht? Dann lebst du einfach damit. Um diesen Über-Optimismus zu verhindern ist es hilfreich sich darauf vorzubereiten, falsch zu liegen.
Chip & Dan Heath empfehlen in ihrem Modell: Bereite dich vor, falsch entschieden zu haben (Prepare to be wrong)

Was heißt das konkret? Wenn wir die Zukunft einschätzen, konzentrieren wir uns auf die naheliegenden Informationen und ziehen daraus unsere Schlussfolgerungen.

  • Pre-mortem (Umgekehrtes Worst Case Szenario): Spiele die Frage durch: Es ist ein Jahr vergangen und wir sind mit Option A völlig gescheitert. Warum? Und was können wir jetzt tun, um dies zu verhindern?
  • Eine Reißleine legen: Notiere, welche konkreten Meilensteine sich einstellen sollten, wenn Option A gut funktioniert. Stelle sicher das Eintreten bzw. Nicht-Eintreten regelmäßig zu prüfen, damit du im Notfall die Reißleine ziehen und eine neue Lösungsoption entwickeln kannst.

Wie hilft mein favouritemodel dir?

Beim WRAP Modell hilft aus meiner Sicht insbesondere die Anwendung der konkreten Kreativmethoden und Fragen. Suche dir doch einfach eine der Methoden heraus, wie z.B. den „10/10/10 Versuch“ oder den „Verschwundene-Optionen-Test“ und probiere es bei einer nächsten kleineren oder auch größeren Entscheidung aus. So verinnerlichst du spielerisch die Grundprinzipien des WRAP Modells und erweiterst dein persönliches Methoden-Repertoire.

Artikel

#favouritemodel No. 32 - SCARF - Psychologische Sicherheit: Wir alle kennen unsere physiologischen Bedürfnisse. Wir müssen jeden Tag genug essen und trinken, wir brauchen eine bestimmte Raum- bzw.…
Hier weiterlesen

#favouritemodels No. 26 - Systemische Perspektive auf Konflikte: Wie kann mein Kollege sich so unmöglich verhalten? Der bringt doch das ganze Team durcheinander!
Hier weiterlesen

#favouritemodel No.19 - Haus der Veränderung - Verwirrung: Wenn Menschen in ihrem emotionalen Veränderungsprozess vom „Raum der Verleugnung“ in den „Raum der Verwirrung“ weitergehen, heißt das noch nicht, dass…
Hier weiterlesen

#favouritemodels No. 14 - Aktives Zuhören: Hörst du mich? Dies ist zur Zeit wahrscheinlich einer der meist gesprochenen Sätze zu Beginn virtueller Meetings. Schnell signalisiert mir mein…
Hier weiterlesen

#favouritemodel No. 13 - Growth Mindset: Wie gehen Menschen mit Niederlagen um? Was führt dazu, dass einige danach scheinbar unbeirrt weitermachen, während andere den Mut verlieren…
Hier weiterlesen

#favouritemodel Nr. 9 - Fokus Modell: Mein #favouritemodel beschäftigt sich mit dem Maß der bewussten Aufmerksamkeit, mit dem wir uns im Alltag bewegen. Dieser persönliche Fokus bestimmt,…
Hier weiterlesen